Archiv der Kategorie: Spaß muss auch manchmal sein

Neuigkeiten!

Endlich darf ich euch das Geheimnis verraten, das schon seit langer Zeit auf die Welt wartet!

Mein erster Liebesroman erscheint am 15. Juni!

Fiona, Tochter eines liebevollen schottischen Stammesfürsten, wird von dem düsteren Freibeuter Hakon entführt, an den Mast gefesselt und in sein Heimatland im hohen Norden verschleppt. Dort will er die wunderschöne Gefangene als Sklavin verkaufen. Doch Fiona verliebt sich in ihn …

Und die zweite Neuigkeit freut mich noch sogar noch mehr!!

Ein namhafter US-amerikanischer Verlag hat sich die Übersetzungsrechte an „Der König von Burgund und die Geisel“ gesichert. Das Buch wird voraussichtlich im Mai 2020 erscheinen unter dem Titel „King of Worms“. Ist das nicht großartig?!?

Burgundy goes America!

 

PS: Heute ist der Geburtstag von Bismarck!

Weihnachtsgeschenk 2018

Es ist ein bisschen spät für ein Weihnachtsgeschenk, aber wenn man was umsonst bekommt, will man ja nicht meckern, oder nicht?

Hier eine Kurzgeschichte zu „Dietrich von Bern – König ohne Reich und Krone“.

 

Dietrich von Bern schleppte sich die letzten Stufen zur Schwarzen Burg hinauf. Sein Umhang peitschte im Wind, Schneeflocken kratzten in seinem Gesicht. Die Böen drangen durch das Kettenhemd und ließen ihn frösteln trotz seines ledernen Wamses. Er murmelte einen Fluch und kämpfte sich weiter.
Der Aufstieg zur Schwarzen Burg war niemals gefährlicher als im Winter; ein falscher Tritt, und man stürzte hinab in den klaffenden Abgrund, brach sich das Genick und endete als Brei für alte, zahnlose Wölfe. Unter der Schneeschicht verbargen sich Krater und Risse; Eisfelder schleuderten den arglosen Wanderer mit Schwung hinunter, und es hieß, nur wer lebensmüde oder ein wahrer Held war, wagte es, im Winter hier hinaufzuklettern.
„Hör zu, Nagelring“, sagte er zu seinem treuen Schwert. „Viele Kämpfe haben wir beide schon bestanden, gegen die prächtigsten Gegner – doch jedes Mal gingen wir lebend daraus hervor; wir besiegten den unverwundbaren Siegfried von Xanten genauso wie den stolzen Wittich, den furchtlosen Iring von Thüringen und den unausstehlichen Hildebrand.“
Hildebrand hinter ihm seufzte.
„Wir besiegten den mächtigen Lüdeger von Sachsen und den – ähm – König von Burgund, dessen Schwertkampfkünste genauso groß sind wie seine Entschlossenheit.“
„Das ist nun wahrlich keine Errungenschaft, den zu besiegen“, sagte Hildebrand. Ewig grantiger Alter!
„He“, sagte Dietrich, „gibt Acht auf deine Worte, alter Mann! In dieser Kälte könntest du leicht stolpern, und wenn ich vergrämt bin, vermag ich es vielleicht nicht, dich noch rechtzeitig am Fallen zu hindern. – Also, Nagelring: Außerdem besiegten wir sogar den Herzog von Tronje, der so grimmig ist, dass man ihn für einen unehelichen Sohn meines alten Hildebrands halten –“
„Nie wurde ich schlimmer beleidigt als heute! Außerdem war der Tronjer bei eurem letzten Zweikampf schon arg angetrunken.“
„Ach was, diese Rheinländer sind trinkfest! – Wie dem auch sei, Nagelring, unser härtester Kampf steht uns noch bevor: Wir wollen kämpfen gegen den Herrn dieser starken Burg, gegen den Schwarzen Ritter, den Schrecken des Landes!“
Eine besonders garstige Böe wehte Dietrich den Umhang über den Kopf. Er fluchte und streifte ihn zurück. Beinahe verlor er dabei das Gleichgewicht und wäre seinem Tod entgegengestürzt – hätte ihn nicht der alte Hildebrand gestützt, wie es sich für einen wackeren, treuen Gefolgsmann gehörte.
Dietrich schnaufte und schaute nach oben. Aus dem grauen Himmel fielen unentwegt die Flocken herab; vor ihm ragte eine schwarze Masse in die Höhe: der Schwarze Turm des Schwarzen Ritters. Diesmal umkreisten ihn keine Krähen; die Krähen waren wohl alle erfroren oder hatten sich in die Wälder im Tal verkrochen.
Niemand hatte den Schwarzen Ritter je im Zweikampf besiegt. Wer ihn zum Kampf forderte, war ein toter Mann.
Dietrich würde den Kampf wagen, wie er es dem Schwarzen Ritter einst versprochen hatte. Er müsste nur darum bitten, dass er sich vorher am Feuer aufwärmen dürfte, er war steif wie sein Schwert. Seine Nase war vermutlich blau wie ein Saphir. Er ballte die Faust und schlug kraftvoll gegen das geschwärzte Tor aus Eichenholz.
Nichts regte sich. War der Schwarze Ritter bereits erfroren? Es nähme ihn nicht wunder. Hildebrand neben ihm wuchsen bereits Eiszapfen aus dem Bart.
Der Wind rüttelte an ihnen beiden und wollte sie hinabstoßen. Dietrichs Zähne klapperten; das gehörte sich natürlich nicht für einen großen Helden, deshalb fing er an zu summen, damit es schiene, als singe er eine heitere Weise. Er stampfte dazu, als schlüge er den Takt.
„Ein großartiger Einfall“, sagte Hildebrand. „Im ärgsten Winter auf Wanderschaft gehen! Nun stehen wir hier herum wie Lots Frau.“
„Pah“, sagte Dietrich, „er wird öffnen!“
Erneut hob er die Faust und hämmerte gegen das Holz. Zwei Eiszapfen fielen herunter und hätten ihn fast durchbohrt. Zum Glück trug er seinen Helm.
Nichts. Der Wind heulte um sie her, und Dietrichs Zähne klapperten.
„He!“, rief er hinauf, „Schwarzer Ritter! Hast du mich vergessen? Ich bin Dietrich von Bern, der große Held, und fordre dich zum Kampf! Und außerdem ist es hier verdammt kalt! Das ist nicht gastlich, die Leute vor der Türe erfrieren zu lassen!“
„Dein Lehrmeister muss ein unhöflicher Mann gewesen sein!“, fügte Hildebrand hinzu.
Nur der Wind heulte so hingebungsvoll, als wolle er sie nachäffen.
Auf einmal erklang ein schabendes Geräusch, Holz auf Holz: Der Riegel wurde zurückgeschoben. Das schwere Eichentor bewegte sich. Langsam schwang es auf und gab den Blick frei auf den Innenhof der Schwarzen Burg, mit einem blätterlosen Rosenbogen, einem zugefrorenen Teich, auf dem die Enten umherwatschelten, und verhärmten Kirschbäumen. Eine schlanke Ricke stakste vorbei in Richtung einer Raufe voll Heu. Vor ihnen stand ein kleiner Knappe, ganz in Schwarz.
„Gott, ist das kalt. Was wünscht Ihr?“, sagte er mit noch weibisch hoher Stimme.
„Ich komme, um zu kämpfen gegen deinen Herrn! Er soll sein letztes Gebet sprechen und sich wappnen.“
„Da kommt Ihr gerade recht“, sagte der Kleine. „Nur herein mit Euch!“
Er führte sie in die Burg, durch eine Türe und eine Treppe hinunter. Brachte er sie in den Kerker, in dem der Schwarze Ritter seine Gefangenen folterte? Schreie stiegen zu ihnen herauf, das Gejohle blutrünstiger Kerkermeister, irrsinniges Gelächter.
Dietrich legte die Hand ans Heft und wollte Nagelring halb ziehen – es ging nicht. Es war festgefroren.
„In meiner Jugend waren die Winter viel härter“, sagte Hildebrand. „Damals ging mir der Schnee noch bis zum Hals!“
„Damals warst du auch nur so groß wie ein Hase.“
„Unsinn! Ich war früher viel größer, als mich Kummer und Sorgen noch nicht verbogen hatten wie ein misshandeltes Schwert! Außerdem –“
Dietrich zischte um Ruhe. In das Geschrei mischten sich auch Geigenklänge. Eigenartiger Kerker.
Der Knappe blieb stehen und stieß eine schwere Holztüre auf. Dietrich trat hindurch, bereit, sich zu verteidigen, falls ihn ein Feind angriffe. Dann erstarrte er.
Das war nicht der Kerker. Es war der Weinkeller, und hier fand ein Fest statt: Gewiss hundertfünfzig Leute drängten sich um die Fässer oder saßen auf Bänken; manche tanzten sogar auf den Tischen. Es waren Menschen und Zwerge, Frauen und Männer, manche kannte er sogar: In einer Ecke stand ein blonder Recke, mit einer Statur wie der heidnische Donnergott, und stemmte zwei Weinfässer hoch, indessen die Mädchen ihm zujubelten. Das war Siegfried von Xanten, Drachentöter und Angeber, wie es keinen zweiten gab. Hildebrand behauptete immer, Dietrich und Siegfried seien Brüder im Geiste. Hildebrand erging es wie allen Alten: Das Greisenalter hatte ihn nicht mit Weisheit, sondern nur mit Missmut gesegnet.
Umringt von Zwergen und Menschenkriegern saß Olm, der Zwergenkönig, ihm zur Seite sein schönes Weib, dessen liebliches Aussehen mit seinem kratzbürstigen Wesen so gar nicht zusammengehen wollte. Gerade zeterte es, Olm solle nicht immer den Weinkelch umherschwenken, dass die Hälfte herausschwappe, sie trage ein weißes Kleid, und es sähe ja bald aus, als habe sie einer Mordtat beigewohnt in nächster Nähe! Olm erklärte, so umständlich würde niemand denken, man schlösse vielmehr, sie habe höchstselbst jemanden ermordet – mit bloßen Händen.
Die Schwägerinnen des Zwergenkönigs tanzten zusammen auf einem Tisch, wobei einer der begeisterten Zuschauer ein ums andere Mal ausrief, von den Sprüngen der Dicken bräche bald alles zusammen, und er wolle sie gerne auffangen, wenn sie fiele.
„So dick ist sie nun auch wieder nicht“, sagte Dietrich empört. Heutzutage wollten die Männer offenbar keine Weiber mehr, sondern Zweige. In seiner Jugend wusste man wahre Schönheit noch zu schätzen – ach weh, er redete ja schon daher wie der alte Hildebrand!
Auf einem anderen Tisch stand ein Spielmann und geigte munter vor sich hin. Die Weise, die er spielte, vertrug sich allerdings keineswegs mit dem Lied, das die Umstehenden sangen; eine ganz wüste Weise war es, irgendein schamloses Trinklied aus Schwaben, das davon handelte, dass über den Wüsten Afrikas einst ein Meer aus Bier schwappte, ehe der Sänger alles ausgesoffen hatte.
Iring von Thüringen und Lüdeger von Sachsen kauerten einander gegenüber an einem Tisch und widmeten sich dem Armdrücken. Das betrieben sie mit so viel Ernst, dass immer wenn einer zu unterliegen drohte, seine Gefolgsleute hinter ihm schon die Dolche zogen.
Der Burgpriester lehnte an einem Weinfass, ins Gespräch vertieft mit König Gunther. Der Burgunderkönig hatte offenbar schon fünf Kelche zu viel, denn er plapperte und fuchtelte mit einer Hingabe, die man bei seinem gedämpften Temperament gar nicht für möglich gehalten hätte. Dietrich schnappte ein paar Gesprächsfetzen auf: „Anathema“ und „Häretiker“, „Interdikt“ und „Translation“. Den guten Gunther hatte wohl niemand je gelehrt, was passende Gesprächsinhalte für eine Feier waren.
Der Spielmann (in dem Dietrich nun den Herrn von Alzey erkannte) verlor offenbar die Geduld ob der schnöden Kunstverächter, endete mit einem schrillen Misston und sprang vom Tisch herab, indem er empört vor sich hinmurmelte. Niemand schien das Ende seines Vortrags zu bedauern.
Das Grüppchen, das ihnen am nächsten stand, brach in schallendes Gelächter aus. Es waren drei Zwerge und Hagen von Tronje. Er hatte offenbar schon ein Fass zu viel getrunken, denn der Tronje lachte nur, wenn er sturzbetrunken war oder eine Stadt niedergebrannt hatte. Er bemerkte Dietrich und kam her, schon arg wankend.
„Isch grüß Euch, Könisch Diedrisch“, sagte er. Diese Wormser konnte keiner mehr ernst nehmen, wenn sie erst einmal betrunken waren.
„Heiteres Fest, wie?“, sagte Hildebrand. „Was erzählen die Zwerge so Lustiges?“
„Isch weiß nicht, es war auf Zwergisch. Aber luschdisch war’s schon.“ Er grinste versonnen in seinen Becher, als teile der mit ihm irgendein unheilbringendes Intrigantengeheimnis.
„Was feiert man denn?“, sagte Dietrich, „und wo ist der Burgherr?“
Hagen – nicht ohne Ursache warnte man alle Leute vor seiner messerscharfen Klugheit – drehte seinen Becher um, stellte fest, dass nur noch ein Tropfen herausfiel und kam zum Schluss, sein Becher müsse somit leer sein. Den nächsten Knappen, der vorbeistürmte, hielt er mit dem Dolch auf und tauschte seinen Becher gegen den ganzen Krug.
Dietrich winkte ab und stürmte an ihm vorbei. Irgendjemand musste doch noch nüchtern genug sein, um ihm zu erklären, was hier vor sich ging!
Es war so heiß, inzwischen war er wieder aufgewärmt und in bester Verfassung für den Zweikampf.
„Ich grüß Euch, König Dietrich!“, sagte König Gunther. „Wie –“
Dietrich winkte unwirsch ab. Kreischen drang durch den Weinkeller, dass es wahrhaftig klang wie bei der Folterung armer Weiber. Das kam von den Mädchen, die jetzt auf den Weinfässern saßen und mitsamt Fass vom Xantener hochgehoben wurden. Die hatten alle den Verstand verloren.
„Dietrich von Bern, seid mir willkommen!“
Eine unbekannte Stimme. Sie gehörte einem Mann in weißem Gewand. Er eilte auf ihn zu und breitete die Arme aus. „Wie freue ich mich, dass Ihr hier seid!“
„Wer seid Ihr?“
„Ich bin es doch, der Schwarze Ritter!“
„Ihr! Ha! Ich fordre Euch zum Zweikampf, wie ich es Euch versprochen habe, wisst Ihr noch?“
„Aber ja doch! Nie habe ich Euch vergessen. Doch heute wollen wir nicht kämpfen, lasst uns lieber feiern, denn heut ist mein Geburtstag!“
„Oh“, sagte Dietrich. „Glückwunsch und Gottes Segen wünsche ich Euch, dazu noch ein langes Leben und einen nachsichtigen Priester für die letzte Stunde.“
„Das heißt freilich, dass du morgen unterliegen wirst“, sagte Hildebrand.
„Ein großes Fest“, sagte Dietrich. „Alle Eure Freunde habt Ihr eingeladen, wie ich sehe.“
Der Schwarze Ritter winkte ihn näher heran und raunte ihm ins Ohr mit einem Blick in Richtung der Burgunden: „Es sind auch ein paar dabei, die ich nur der Höflichkeit halber einlud.“
Dietrich nickte verständnisvoll.
Der Schwarze Ritter schnippste seinem Knappen, und ließ Dietrich einen Weinkelch reichen.
„Auf Euch!“, sagte Dietrich herzlich.
„Oh, seht! Es ist soweit, die Zwerge sind bereit!“ Der Ritter deutete hinüber ans andere Ende, wo man ein Podest aufgebaut hatte. Sechs Zwerge stiegen gerade hinauf, und ein Mensch – das war ja sein Ulf!
Auf dem Podest lagen bereits Trommeln, Hörner und Schellen. Gelächter und Händegeklapper begrüßte die Gruppe, woraufhin sich alle sechs verneigten. Dann nahmen sie Platz auf den bereitgestellten Schemeln. Der Zwerg hinter der Trommel ergriff zwei Stöcke. Ulf ruckte dreimal mit dem Kopf, als wolle er ein paar wirre Gedanken herausschleudern, und griff in die Saiten seiner Leier. Mit hoher Stimme sang er eine fröhliche Weise, vom besten Kämpfer des Erdenrunds. Die Zwerge begleiteten ihn mit rauen Stimmen, und der Trommelzwerg ruckte so heftig mit dem Kopf, dass Dietrich schon befürchtete, er löse sich bald vom Hals. Einmal verfingen sich seine Stöcke in seinen Barthaaren, da hörte das Getrommel eine Weile lang auf, bis er sie wieder befreit hatte. Im Kehrreim behauptete Ulf jedes Mal, der beste Kämpfer sei der Schwarze Ritter.
Dietrich wandte sich um. Den anderen Recken gefiel das Lied auch nicht übermäßig: Der Xantener schmollte, Iring von Thüringen rollte die Augen und Lüdeger von Sachsen sang leise mit, wobei er „der beste“ zu „der blöd’ste“ verballhornte. Der Herr von Alzey hatte die Arme vor der Brust verschränkt und machte eine Miene wie ein Jahrtausenddichter, dem man einen Stümper vorzog. Gunther lauschte höflich und griff sich nur manchmal ans Ohr, und Hagen lehnte am Weinfass und füllte seinen Krug nun gleich selber nach.
Dietrich schüttelte den Kopf. Die Musik von heute war furchtbar; in seiner Jugend war alles viel besser gewesen. Er wurde vermutlich alt, und er war froh darüber!
In einer Pause erhob sich Lüdeger von Sachsen und hielt eine Ansprache zu Ehren des Geburtstagskinds. Danach ergriff der Xantener das Wort, lobte den Schwarzen Ritter für seine heiteren Feste, wie man sie nirgends sonst erleben konnte. Iring von Thüringen ließ einen Knappen ein Gedicht aufsagen; Zwergenkönig Olm sagte sein Glückwunschgedicht sogar selber auf, auf Zwergisch, es könnte auch ein Fluch sein, so grob wie diese Sprache klang. König Gunther brachte es zustande, in seiner Rede drei Bibelverse zu verstecken, und wenigstens den Tronje ließ man schweigen.
Der Schwarze Ritter erstieg das Podest. „Ich bedanke mich für Euer Kommen“, rief er, „und vor allem begrüße ich erneut den kühnen Recken Dietrich von Bern, der mich, was mir eine große Ehre ist, zum Kampf gefordert hat! Morgen will ich gegen ihn antreten, heute aber wollen wir alle miteinander in Frieden leben! Hurra!“
Man hob die Becher und trank.
„Wenn du weiter so säufst, wirst du morgen im Kampf unterliegen“, sagte Hildebrand.
„Ach, Unsinn, ich bin trinkfest!“
„Lasst uns auf Dietrich trinken!“, rief der Schwarze Ritter. „Auf jeden Buchstaben seines Namens!“ Er winkte den Burgunderkönig her, ihm die Buchstaben einzusagen. Nach acht Bechern fragte sich Dietrich, wie er morgen den Kampf bestreiten sollte. Der Schwarze Ritter trinke aus Gewissensgründen nur Wasser, hatte Gunther ihm verraten. Oh, verdammt.
„Nun lasst uns auf Siegfried trinken!“, rief der Schwarze Ritter. „Wenn er mir die Ehre erweist, morgen im Zweikampf gegen mich anzutreten, auf Leben und Tod, wäre mir das die hehrste Freude!“
Nachdem man auf jeden Buchstaben seines Namens getrunken hatte, trank man auf Iring, auf Lüdeger, auf Gunther und auf Hagen. Jeden forderte der Schwarze Ritter heraus, und keiner war so feige oder so vernünftig, dass er ablehnte.
Sie würden alle sterben.

***

Als er erwachte, wogte ein Zeltdach über ihm. Auch die Erde wogte, als würde er auf einem Schiff liegen. Zum Teufel, war er tot? Diese Kopfschmerzen, waren das die Qualen der Hölle oder die Qualen eines Katers? Er stöhnte und griff sich an die Schläfen.
Wenn der Schwarze Ritter ihm bei Zweikampf den Kopf abschlüge, wäre es gar nicht so schlimm.
Neben ihm knurrte der Alte: „Auch wach, he?“
„Wo sind wir? Im Grab?“
„Hast du Erde im Maul?“, fragte Hildebrand grantig. „Nein? Eben.“
Dietrich seufzte. Rauch drang in seine Nase, und ihm war schlecht wie nach seinem allerersten Besäufnis.
„Er wird dich umbringen.“
„Hm“, sagte Dietrich. „Da hoffe ich, dass die alten Sagen verschweigen, dass ich an den Folgen eines Katers starb, das wäre ja allzu peinlich.“
Der Stoff neben ihnen wogte.
„Ich grüße Euch, meine Freunde!“, rief der Burgunderkönig, so heiter und so laut, als wäre heute nicht der Tag seines Todes.
„Verdammt, der wird uns überleben“, murmelte Hildebrand. „Diese trinkfesten Rheinländer!“
Hinter Gunther trat Hagen herein, eisern und stolz wie immer.
„He“, sagte Dietrich vorwurfsvoll, „warum geht es dir so gut?“
Hagen hob die Braue über seinem einen Auge. „Nichts erhellt das Gemüt so leicht wie Erfolg.“
„Der Schwarze Ritter ist – war ein Schurke“, sagte Gunther. „Er verleitete Euch zum Trinken, bis Ihr nicht mehr bei Sinnen wart, und wollte Euch alle schmählich meucheln in einem sogenannten Zweikampf.“
„In Eurem Zustand wäre das eine Hinrichtung geworden“, sagte Hagen. „Wir aber durchschauten seine List.“
„Wir erlaubten es nicht, dass er Euch und die anderen hervorragenden Recken hinmordet.“
„Deshalb kämpfte ich gegen ihn als erster, denn ich war gar nicht betrunken, ich gab es nur vor.“
„Und natürlich hat er ihn besiegt“, sagte Gunther stolz.
„Und erschlagen“, sagte Hagen.
„Unabsichtlich“, sagte Gunther.
„Natürlich.“
„Und somit kann der böse Schurke Euch kein Leid mehr antun.“
Dietrich stemmte sich hoch. Der Rauchgeruch wurde immer stärker. „Und ihr habt seine Burg niedergebrannt, nicht wahr?“
„Ja nun“, sagte Gunther.
„Es bot sich an“, sagte Hagen. „Aber dafür könnt Ihr alle weiterleben! Vielen Dank für Eure Dankbarkeit.“
Gunther winkte verlegen ab, als wäre Dietrichs noch gar nicht gezollter Dank viel zu viel.
„Ihr Narren“, sagte Hildebrand. „Die Burg niederbrennen! Wisst Ihr nicht, dass der Schwarze Ritter in den Tunneln unter seiner Burg Schätze ohne Zahl hortete? Die sind jetzt alle verloren.“
„Frohe Kunde!“, sagte Hagen, „sie sind nicht verloren! Sie haben sogar schon einen neuen Herrn gefunden, der sie viel besser zu nutzen weiß.“
Gunther neigte sich.
„Und zum Dank für Eure Rettung überlasst Ihr das Gold gerne meinem König“, fuhr Hagen fort.
„Es ist uns eine Freude, ehrenwerte Männer zu retten“, sagte Gunther. „Ich würde es jederzeit wieder tun.“
Sie wandten sich um und brausten hinaus.
Dietrich ließ sich wieder aufs Lager fallen. „Diese Aaskrähen“, sagte er. „Ich bin mir sicher, ich hätte ihn trotzdem besiegt!“
„Jaja“, sagte Hildebrand, „was unmöglich zu beweisen ist, das will immer jeder können!“

DvBMA Halbzeit

Ich bin schon bei der Hälfte angelangt! Woher ich das weiß? Immer bei der Hälfte wankt meine Motivation, und tausend Dinge würden mir mehr Spaß machen als schreiben. Deshalb habe ich zum Beispiel gerade dieses Bild mit einem Zitat aus meinem aktuellen Projekt erstellt und schreibe diesen Beitrag …

Außerdem habe ich mir Scrivener und Dragon gekauft, das Schreib- und das Diktierprogramm. Mit beiden bin ich sehr zufrieden. Endlich nicht mehr aufwändig ein Inhaltsverzeichnis erstellen! Nur noch „Kompilieren“ drücken, und man hat eine Datei im gewünschten Format, und schont die Nerven! Und auch Dragon funktioniert sehr gut; natürlich stößt das Programm bei fiktiven Texten manchmal an seine Grenzen, vor allem, wenn man eine Schwäche hat für Konjunktivformen und veraltende Wörter, aber das ist nicht schlimm. Kein Drache kann alles wissen, es sei denn, er singt Bass und spielt bei Wagners „Siegfried“ mit. Und Dragon hat schon ein paar charmante Verhörfehler gemacht, das ist immer sehr lustig.
Ein paar der Verhörfehler möchte ich an dieser Stelle aufführen als kleine Kostprobe, was die Leserin im neuen Buch erwartet (oder auch nicht. Es gibt keine Restaurants in dieser Epoche …)

Er war kein armseliger Scheinkönig, wie die Restaurants aller Länder schändlich behaupteten!

„So schnell stirbt man nicht. Du hast noch Zeit, deine letzten Worte zu räuchern.“

Er grüßte höflich nach allen Seiten, denn mit Goethe gewann man Herzen, nicht mit Kälte.

… landete vor ihm ein Krug auf dem Tisch, aus dem schwappte grausames Bier.

Er saß aufrecht, wie ein Wasserfall im Rat des Königs.

Die Ketten Händel von König hol seien leicht ein Leinengewand, hieß es, und sie schützten gegen Sie und dich, keine Waffe, die ein Bull-Kettenhemd je durchdrungen hätte. Mit einem von denen wäre Friedrich unverwundbar.

Alles klar?

Stufen historischer Bildung

Geschichtswissen ist nicht gleich Geschichtswissen. Wer sich auf dem Gebiet der Geschichte bildet, erklimmt gleichsam eine Treppe. Folgen wir dem Weg eines Geschichtsfreunds/einer Geschichtsfreundin, von den Anfängen im Dunkel des Unwissens über die Nebel des Halbwissens bis hinauf auf den Gipfel!

Stufe 0: Schulgeschichtswissen

Arbeitsblätter und handverlesene Quellentexte sollen den Schülern elementare Kenntnisse über unsere Vergangenheit vermitteln. Große Persönlichkeiten werden heute nicht mehr behandelt, stattdessen liegt das Augenmerk auf den großen Veränderungen, auf den Wischi-Waschi-Themen, „Das Lebensgefühl im Mittelalter“, „Kreativität in der Antike“, „Das Menschenbild in der Renaissance“ – alles Themen, über die man auch ohne Kenntnisse leidlich schwafeln kann. In der Hauptsache, die Schüler können dazu ein Plakat basteln! Bewertet werden dann: Kreativität, Schönschrift, Harmonie der verwendeten Farben.
Mit Lückentexten und selbstgeschriebenen Sketchen lernen die Schüler spielerisch nichts. Viele Epochen werden sträflich vernachlässigt, ganze Jahrhunderte werden ausgelassen, man verwendet fünf Stunden auf die Behandlung der Lehenspyramide (Leseempfehlung, die ein für alle Mal mit der Lehenspyramide abrechnet: „Das Lehnswesen“ von Steffen Patzold), man behandelt die Architektur von Schloss Versailles, das Lebensgefühl im 19. Jahrhundert und Getreideanbau in der Antike.
Spätestens beim fünfzigsten Arbeitsblatt hat so mancher Schüler kapituliert und ausgerufen: „Ich wünschte, es wäre hitzefrei, oder die Feueralarmprobe käme!“

Stufe 1: Allgemeinbildungsgeschichtswissen

Wer danach trachtet, noch mehr über Geschichte zu erfahren, macht sich auf die Suche nach spannenden Büchern oder interessanten Dokumentationen. Populärwissenschaftlich? Was soll das denn bedeuten? Dieses Buch mit dem bunten Titelbild ist von einem Journalisten geschrieben, dann muss es doch gut und fundiert sein!
Allgemeinbildungsgeschichtswissen ist schnell zu erreichen, ist Wissen to go, und ist kaum mehr als Nichtwissen. Allgemeinbildungsbücher oder ähnliche Darstellungen verfälschen durch gut gemeinte Vereinfachung, sitzen den alten, lang schon tradierten historischen Mythen auf, und erwecken den Eindruck, Geschichte sei einfach, über die Menschen von früher könne jeder richten, wenn er nur ein Buch durchgeblättert hat, und heute wissen wir ohnehin alles besser.
Doch mit Allgemeinbildungswissen über Geschichte kann man mit den anderen allgemein Gebildeten nette historische Gespräche führen, weil alles durch jahre- bis jahrhundertelange Kolportation stromlinienförmig abgeschliffen ist. In dieser Stufe des Geschichtswissens denkt man dann: „Boah! Ich bin voll gebildet! Ich kenne den Nikolaus II., und den Prager Fenstersturz kenne ich auch! Juhu!“

Stufe 2: Geschichtswissen über die Allgemeinbildung hinaus

Das geht nur nach eingehender Lektüre, und unterscheidet sich von Stufe 1 dadurch, dass man dann auch noch amüsante Anekdoten zum Besten geben kann, die Leute aus Stufe 1 noch nicht kennen. Außerdem bemerkt man, dass man doch noch nicht alles wusste. Man denkt dann: Nikolaus II.? Zar oder Papst? Prager Fenstersturz? Welcher denn? Beim ersten gab es leider einige Tote, beim zweiten nicht, und der Schreiber wurde sogar geadelt und hieß danach „von Hohenfall!“ Moltke! Welcher? Der Ältere?

Stufe 3: Erweitertes Geschichtswissen

Wer Bücher und Bücher und Bücher von allen Seiten, und Parteiungen, und Staaten, und Meinungen usw. liest, aber nur bitte von Professoren geschrieben, wer für seine zerlesenen populärwissenschaftlichen Bücher nur noch ein mattes Lächeln übrig hat, (wenn Fachfremde über Geschichte schreiben, na, das kann ja auch nichts werden) wer von historischen Romanen schlechte Laune bekommt, und wer bei den netten historischen Tischgesprächen nicht mehr mitmachen kann, weil man ihn sonst als Besserwisser verschreien würde: Der hat Stufe 3 erreicht.
„Nein! Nein! Bismarck wurde nicht am 22. September zum Ministerpräsidenten ernannt! Nur zum interimistischen Vorsitzenden des Staatsministeriums! Ministerpräsident erst am 8. Oktober. – Sisi! Schweigt mir von Sisi! Märchenkaiserin! So ein Schmarrn! Sie entfloh ihren Pflichten wie keine andere! – Was? Chlodwig I. war der erste Germane, der sich katholisch taufen ließ??? Unsinn! Er ließ sich taufen, weil Avitus von Vienne (römischer Abstammung) und vor allem Chlodwigs Frau Chrodechilde, Burgunderin, ihn immer baten, dass er sich ihrer Religion anschließen möge. Sind Frauen etwa keine Menschen?!?“ (Eine hochinteressante These über die ersten katholischen Germanen steht übrigens in Reinhold Kaiser: Die Burgunder, Kohlhammer-Verlag.)

Stufe 4: Deprimierendes Geschichtswissen

Plötzlich entdeckt man sogar in den Büchern der Koryphäen Fehler, sobald diese sich über ihre Fachgebiete hinauswagen. Man weiß, dass Friedrich III./I. zwar König IN Preußen, aber nicht VON Preußen war, aber dass der Friedrich II. schließlich König VON Preußen wurde, als er beschloss, dass außer ihm keiner den Unterschied merkt. –> Wer jetzt „Hä?“ denkt, hat die Stufe noch nicht erreicht.
„Es gab keine Lehenspyramide! Lehen sind nicht an Land geknüpft! Lehen sind manchmal auch an Esel geknüpft, wie damals in Darmstadt!“

Stufe 5: Obsessionelles Geschichtswissen

Man kann nicht pro Thema ein Buch lesen. Man möchte in die Frankfurter Nationalbibliothek einziehen. Man merkt sich Arzttermine anhand der damit zusammenfallenden Geburtstage historischer Personen.  Irgendwann kennt man alle, sogar den Schwager von Richard Wagner, das war nämlich der Brockhaus. Und der Schwiegervater vom Wagner hatte was mit der ehemaligen Geliebten vom Opa von Ludwig II. Man kennt sogar die Verwandtschaftsbeziehungen der heutigen Hochadligen, ohne dass man je ein Friseur-Heft gelesen hat.
Man verschweigt, wie viele Bücher über Geschichte man wirklich besitzt. Wie denn sollte man diesen geschichtsfernen Geistern erklären, dass man mit 3 Bismarck-Biographien nicht glücklich werden kann, mit 13 auch nicht, es muss schon die 20 vollgemacht werden?

Stufe 6: Transzendentales Geschichtswissen

Ist man auf der Stufe der wissensmäßigen Vervollkommnung erst dem Gipfel ausreichend nahegerückt 1077 Canossa Versöhnungsmahl am 28. Januar, so gehen gar wundersame Dinge 1. April 1815 Bismarck im Kopfe des Forschenden vor sich, denn, wer immer strebend sich bemüht, 1085 gestorben Gregor VII. in dessen Hirn werfen sich von Zeit zu Zeit gar all zu giftige Blasen auf, denn jeder soll nach seiner Facon selig werden 1786 17. August stirbt Alter Fritz Zahlendreher in der Jahreszahl Uraufführung Götterdämmerung dass der Papst Könige absetzen darf I have a dream Viribus unitis Plus ultra Et après, Sire? Und dann sind wir tot Revindikation der Lehen Seid ihr nicht meine Römer Der Poldl hat an Buam Herrlichen Zeiten führe ich kam sah siegte Synode von Sutri Konkordat von Westminster Kappeler Milchsuppenessen Wormser Reichstag  … 1339 1453 436 1871 22. Mai 1813 1886 11.01.1980 %$! …
Manche nennen es Wahnsinn.

Ich war Papagei des Kaisers

Die Lebenserinnerungen des Schwarzköpfchens von Kaiser Johann

Ein aarenländischer Bestseller

An dieser Stelle möchte ich euch ein Buch vorstellen, das seinerzeit sogar den aarenländischen Bestseller „Gedanken und Erinnerungen und Rücktrittsgesuche“ von Kanzler Fidelius von Eisenbiss vom ersten Platz der Bestsellerlisten gestoßen hat.

In „Ich war Papagei des Kaisers“ schildert Schwarzköpfchen Friedrich der Schöne seine Erlebnisse am aarenländischen Kaiserhof. Als Obersthofpapagei residierte er in einem prächtigen Vogelbauer im kaiserlichen Wohnzimmer. Immer wieder durfte er auch anderen Räumen einen Besuch abstatten. Er war Teilnehmer an der großen Antrocuna-Konferenz und Augenzeuge so manchen Streitgesprächs zwischen Kaiser und Kanzler. Es heißt, seine enthusiastischen Zwischenrufe hätten maßgeblich zur raschen Einigung beim Donnerhaller Kongress beigetragen (angeblich habe der isolanische Premier sogar ausgerufen: „Ich sage Ja zu allem, wenn ich nur endlich diesem schreienden Vogel entkomme!“).

Weniger bekannt ist Friedrichs Beitrag zur Einführung der ikonischen Adlerhelme des Garderegiments: Tatsächlich hat für den auf dem Helm thronenden Adler eben kein mächtiger Raubvogel Modell gestanden, sondern Friedrich! Nur er war im Stande, in seiner Pose Grazie, Anmut und Glorie zu vereinen, wie man es von einem Wappentier erwartet. Erst im Nachhinein versah der Bildhauer die Skulptur mit den typischen Merkmalen eines Adlers. Als man zur Enthüllung des ersten neuen Adlerhelms auch Friedrich und seine Gattin Elisabeth einlud, erschreckten sich beide so sehr an der Skulptur, dass sie sich in eine Käfigecke flüchteten und sich erst wieder beruhigten, als man sie in ein anderes Zimmer trug.

Auch Friedrichs technischen und ballistischen Forschungen ist ein ganzes Kapitel seiner Autobiographie gewidmet. Er berechnete mit Vorliebe Flugkurven von Körnern und stellte Studien zur Schwerkraft an. Wie alle flugfähigen Vögel war das Konzept des Fallens und anschließenden Liegenbleibens von Gegenständen für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Um es mit seinen Worten zu sagen: „Warum fliegt die Wasserschüssel nicht einfach wieder hoch, nachdem ich sie heruntergeworfen habe?“ Nach zehnjähriger Forschung kam er zum Schluss, dass manche Dinge, wie z. B. Beeren, Körnerschalen und Zweigstücke, zu faul zum Fliegen sind, Schüsseln dagegen verlässlich von Dienern oder gar dem Kaiser persönlich wieder aufgehoben und an ihren angestammten Platz gehängt werden. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse werden wohl noch viele Vogelgenerationen lang ihre Gültigkeit behalten, und wenn in zweihundert Jahren die Vögel die Schwerkraft entdecken und als Resultat dessen die Weltherrschaft übernehmen, wird man stets daran erinnern, dass es Friedrich gewesen ist, der diese mächtigen Veränderungen ermöglicht hat! (Denn dass eine Weltherrschaft der Unzertrennlichen, zu englisch/isolanisch „Lovebirds“, nur Segen und Liebe bringen wird, ist selbstverständlich.)

Legendär war auch Friedrichs Musikgeschmack. Er und seine Gattin Elisabeth waren, ganz wie es sich für Hofwürdenträger gehört, stets höfliche Zuhörer bei jeder musikalischen Darbietung. Absolut begeistert waren sie jedoch von Triangeln und pfeifenden Dienstmädchen. Dann sangen sie aus voller Kehle mit und scheuten keinerlei Dissonanz. (Man munkelt, die huwelreichische Kaiserin Valerie habe sich bei einem Besuch am Donnerhaller Hof wegen der musizierenden Obersthofpapageien einen Tinnitus geholt. Aber Johann konterte einen derartigen Vorwurf des huwelreichischen Gesandten lapidar mit: „Die Valerie bekommt sogar von fallenden Schneeflocken einen Hörsturz!“)

Auch mit bedeutenden Regierungsaufgaben wurde das Obersthofpapageienpärchen betraut, so übergab Johann ihnen die Aufgabe, wichtige Dokumente, die in keine anderen Hände gelangen durften, zu  entsorgen. Federführend war hierbei Papageiin Elisabeth, die mit vorbildhafter Hingabe alle Dokumente zernagte. Eisenbiss schlug Johann einmal vor, er solle die Dokumente doch lieber verbrennen statt sie zerreißen zu lassen, aber Johann erwiderte, seine Vögel seien völlig vertrauenswürdig, und außerdem könnten sie weder sprechen noch lesen, also bleibe alles streng geheim.
„Und was ist mit den Bediensteten, die den Käfig säubern?“, fragte Eisenbiss. „Die könnten doch die Schnipsel aus Sand und Körnerschalen extrahieren, wieder zusammensetzen und an unsere Nachbarländer weiterleiten.“
„Ach“, sagte Johann, „das fürchte ich nicht. In diesem Käfigboden wühlt keiner herum, und wäre er ein noch so zäher Spitzel!“

Jeden Abend verabschiedete sich Johann von seinen Vögeln und gab ihnen noch jeweils einen Sonnenblumenkern. Dabei sagte er immer: „Gell, ihr zwei, ihr bleibt mir noch lange erhalten!“ Die Schwarzköpfchen haben immer dazu genickt.

Gemeinsam mit der Schriftstellerin Juliana Loca hat Friedrich seine Erinnerungen festgehalten. Da er nicht schreiben kann, konnten keine signierten Exemplare verkauft werden. Stattdessen hatten Leser die Möglichkeit, eines von tausend Exemplaren mit einer echten Feder von Friedrich oder Elisabeth zu erwerben. Beide haben täglich dafür Federn gespendet. Der Erlös aus dem Verkauf der gefiederten Bücher ging an den Verein zur Förderung glücklicher Tiere.

Von der Presse wurde das Buch einstimmig gefeiert. Der Donnerhaller Heerrufer erklärte das Buch „zum bedeutendsten Zeitdokument unserer Generation“, die Gutensaater Spatzenpost schrieb „dieses Buch wird noch in zweihundert Jahren von Historikern herangezogen werden“ und der sozialistische Auf geht’s jubelte: „Ein Papagei macht Weltgeschichte!“