Reden wir nicht lange darum herum: PMDS (englisch PMDD) ist immer schlimm, unabhängig davon, an wie vielen Tagen des Monats man daran leidet. Wegen dieser bescheuerten Hormonstörung fühlt man sich wie ein Fremdling im eigenen Kopf, bricht in schrecklichen Wutausbrüchen Freundschaften und Beziehungen ab, setzt seinen Arbeitsplatz aufs Spiel oder unternimmt einen Selbstmordversuch. Oder man leidet immer nur stumm, schluckt allen Zorn herunter, und wird innerlich zerfressen bis zur absoluten Verzweiflung (so wie bei mir).
Unter den Betroffenen von PMDS gibt es keine Gewinnerinnen; wenn ich jemandem begegne, die es an zwei Tagen im Monat hat, gratuliere ich ihr trotzdem nicht. Zwei Tage PMDS sind zwei zu viel.
Manche Frauen haben es zwei bis drei Tage lang, manche leiden eine Woche lang darunter, und – manche besonders „Glücklichen“ haben es ganze zwei Wochen lang.
Zwei Wochen jedes Monats, so lange, bis dieser Zyklushorror endlich aufhört. Dann treten, wenn wir Pech haben, die Probleme der Menopause an seine Stelle …
Eine Frau menstruiert etwa 400-mal in ihrem Leben. Das sind 400-mal zwei geraubte Wochen. Es sind JAHRE, die uns verloren gehen.
ABER: Das heißt noch lange nicht, dass die anderen zwei Wochen eine Idylle sind. Für mich sind es nur 5 bis 7 Tage, an denen es mir „gut“ geht. (Soweit man ein Leben mit ständiger Erschöpfung, Depression, komplexen Traumas und OCD gut nennen kann.)
Die erste Zykluswoche (Periode):
Früher ging es mir mit Einsetzen der Periode schlagartig besser. Es war, als habe sich der schwarze Nebel gelichtet, als wäre ich wieder ich selber. Selbst die teils heftigen Krämpfe konnten daran nichts hindern; sie waren vielmehr wie aufgedrehte Herolde, die verkünden, dass der Himmel endlich aufgerissen ist.
(Grund ist das Absinken des Progesterons, das für manche von uns der Verursacher unserer PMDS ist.)
Aber inzwischen sind die zwei Wochen der zweiten Zyklushälfte so verheerend, dass der Nebel sich nicht mehr plötzlich lichtet; stattdessen muss ich mich an den ersten Tagen der Periode vom Drama der Progesteron-Phase richtiggehend erholen.
Die erste Woche steht ganz unter dem Zeichen der Erschöpfung. Ich fühle mich, als stünde ich zwischen den rauchenden Ruinen meines Lebens. Der einzige Unterschied zur zweiten Zyklushälfte ist der, dass das Feuer aufgehört hat.
Die Reizbarkeit bleibt noch länger, und auch die Erinnerungen an all die Beleidigungen von früher wollen nicht gehen wie unerwünschte, unsympathische Gäste.
In der ersten Woche kann ich nichts Produktives tun, nicht auf irgendein Ziel in der Zukunft hinarbeiten; ich kann nur Trümmer umherschieben.
Die zweite Woche: Östrogen rules
Erst in der zweiten Woche werde ich wieder „ich“. Es ist, als ob ich eine alte Schulkameradin wiedersehe, die ich eigentlich fast vergessen hatte. Oft erfüllt mich mein richtiger Charakter mit Staunen, ja, es ist fast, als würde ich mich neu kennen lernen: Ich flippe DOCH NICHT bei jeder Kleinigkeit aus? Ich kann auch einmal über einen Angriff hinwegsehen; ich kann Schwierigkeiten wegstecken, OHNE dass ich in rasende Wutanfälle gerate? (Wobei sich diese emotionalen Ausbrüche für andere unbemerkt nur in meinem Innern abspielen.) – Eigentlich ist diese Person, dieses wahre Ich, ziemlich ok. Wenn sie länger bei mir bleiben würde, könnte man vielleicht irgendwas machen, um mein Leben ein bisschen in den Griff zu kriegen.
Früher, vor meiner ständigen Erschöpfung, war ich in der zweiten Woche sehr produktiv. Heute ist es nur noch ein schwacher Widerhall. Ich merke, dass Östrogen seine gnädige Wirkung auf mich ausübt, wenn ich mich meinem Lieblingshobby, dem Schreiben von Mittelaltergeschichten, wieder widmen kann. Aber nur kurz und nie zwei Tage in Folge; dafür hat die Erschöpfung gesorgt.
Wie eine Vergiftung durch die eigenen Hormone: Der Eisprung
Und dann wache ich eines Tages auf und würde am liebsten für den Rest meines Lebens liegen bleiben. Ich bin so erschöpft, dass ich mich am liebsten nach jeder Anstrengung wieder hinlegen würde. „Anstrengung“ heißt in dieser Zeit: Zähneputzen. Zehn Stufen hochsteigen. Fenster aufmachen, um zu lüften. Eine Stunde am Tisch sitzen und arbeiten – danach den Rest des Tages ausruhen. Geschichten schreiben, Haare waschen, Einkaufen gehen: Unmöglichkeiten! Ich kann nur im Bett liegen und auf Reddit Erfahrungsberichte anderer Leute lesen.
Ich fühle mich so kraftlos, als wäre ich innerlich hohl, während alle anderen in sich drin Energie im Übermaß haben.
Diese Erschöpfung ist so anders, so allumfassend, dass ich sie oft mit einer Vergiftung vergleiche. Sie fühlt sich nicht wie eine „gesunde“ Erschöpfung an, wie die stolze Müdigkeit, wenn man einen Tag lang viel getan hat. Sie fühlt sich auch etwas anders an als die ständige unerklärliche Erschöpfung, die mich seit fünf Jahren begleitet: Es scheint, als wäre sie ein hämischer Gruß des Schicksals, das mir zeigen will, dass ich dem Abgrund der Kraftlosigkeit nie entkommen werde. Aber vielleicht empfinde ich das auch nur deshalb so krass, weil diese Erschöpfung ganz plötzlich nach der „guten“ Phase eintritt.
Schuld ist das luteinisierende Hormon, das den Eisprung auslöst.
Zweite Zyklushälfte: Werwölfin
Diese Müdigkeit hält meist zwei bis drei Tage an. Und ab dann – befinde ich mich in der zweiten Zyklushälfte! Herzlich willkommen auf der Rutsche Richtung Hölle! Ab jetzt wird’s nur immer schlechter. Alle alten negativen Erinnerungen sind wieder da. Manchmal ärgere ich mich sogar über Sachen, die eine Freundin zu mir gesagt hat, als wir noch im Kindergarten waren. Wenn ich morgens aufwache: Ärger und Zorn. Wenn ich abends ins Bett gehe: Wut und Rage.
Geschichten schreiben: Ach geh! Irgendwas Aufräumen oder so: Vielleicht noch in den ersten Tagen von Woche drei; ab Woche vier ist nur noch Leiden angesagt.
Bücher lesen: Es geht, aber längst nicht mehr so viele wie in Woche 1 und 2. In manchen Zyklen kann ich leider nur im Internet lesen.
Fazit
Wenn ich die Tage zusammenzähle, an denen ich nicht am PMDS oder den Nachwirkungen davon leide, komme ich also nur auf 7 bis 5 (!) Tage.
Extremes PMDS: 0/10. Do not recommend.